Vor kurzem lief im ZDF eine 45 minütige Sendung zur besten Sendezeit. Thema: "Das Duell" zwischen H&M und C&A. Die Kurzfassung davon: Eine durch unsere Gebühren finanzierte Werbesendung für beide Konzerne. Inkl. Schaulaufen mit der besten Mode für den jeweiligen Typ mit kritischen Themen wie " Wer hat die bessere Nase für die Mode der nächsten Saison?"
Ich habe mir die Sendung noch einmal genau angesehen, weil mich ein angesprochener Aspekt besonders interessiert hat. Und zwar wurde zum Ende der Sendung noch kurz die "Fairness" in der Produktion in beiden Unternehmen angesprochen. Die Fernsehkritik von FR online sagt dazu: "Unter welch unmenschlichen Bedingungen dort genäht und produziert wird, das sollte man inzwischen wissen, auch wenn es niemand so genau wissen möchte. ZDFzeit geht nur kurz darauf ein und das ist der größte Schwachpunkt dieser Sendung". Auch die Welt kommt zur Einschätzung: "Das Urteil des ZDF: Kein Punkt in puncto Nachhaltigkeit für H&M und C&A. Unser Urteil: Auch kein Punkt für das ZDF in Sachen Berichterstattung über die Nachhaltigkeit in der Textilproduktion. Denn ein so komplexes Problem kann man angemessen nicht derart knapp abhandeln, selbst wenn ein paar Minuten nach TV-Maßstäben eine kleine Ewigkeit sein mögen. Die Autoren der Sendung hatten offenbar das Gefühl, das heikle Thema noch irgendwo unterbringen zu müssen. Schwierig, mag sein. Aber so hat es wenig gebracht."
Ein Armutszeugnis diese "Berichterstattung", keine Frage. Vor allem, wenn man bedenkt dass kritische Berichte über die prekären Bedingungen in der Textilproduktion sonst meist auf irgendwelchen Spartensendern um 12 Uhr abends herum laufen.
Das wenig erstaunliche Ergebnis des Vergleichs war dann auf jeden Fall: Was die widerlichen Produktionsbedingungen anging, gab es bei diesem Vergleich nur Verlierer. Zwei Aussagen stachen aber hervor. Zum einem ein vermutlich extrem verkürztes Interview mit einer Näherin in Bangladesh, deren Aussage in den Vordergrund gerückt wurde, dass sie ohne die Textilindustrie ja gar keine Arbeitsplätze hätten und - meiner Meinung nach noch schlimmer - die Behauptung, es gäbe ja keine Alternativen.
Ist das denn so? Natürlich gibt es echte Alternativen im Bereich der Textilindustrie. Und dabei spreche ich nicht von verlogenem Greenwashing wie z.B. der "Conscious Collection" oder ähnlichem.
Nein, es gibt wirklich nachhaltige Marken und Siegel und diese haben meiner Meinung nach die besten Voraussetzungen um bekannt und verbreitet zu werden.
Fragen wir uns mal, warum Marken wie Hollister und Abercrombie & Fitch so erfolgreich sind und warum dieser Erfolg derzeit wieder abnimmt. Es geht um die Ausstrahlung.
1) Teuer. Der Preis dieser Marken wurde bewusst weit oben gehalten, damit man durch das Tragen eben die Message setzen kann - mir ist Mode wichtig, ich kann mir das leisten. Wir leben eben leider in einer ekelhaften Konsumgesellschaft und wer seinen Wohlstand so zeigen kann zeigt damit seinen gesellschaftlichen Status.
2) Künstliche Verknappung. Anfangs gab es nur sehr sehr wenige Geschäfte und das hatte einen zusätzlichen Anreiz, weil die Leute im Urlaub in internationalen Großstädten oder noch früher beim Besuch in den USA an diese Kleidungsstücke gekommen sind. Etwas, das künstlich knapp gehalten wird gilt eben noch als begehrter, wer es besitzt strahlt wieder die Zugehörigkeit zu einer kleinen, elitären Gruppe aus. Man zeigt, dass man viel Einsatz zeigen musste, um an diese begehrte Ware zu kommen.
3) Auffällige, Große Logos. Understatement war gestern. Um den Effekt der oberen beiden Punkte zu verstärken, bestand das einzige sichtbare modische Statement in dem großen Logo.
Verrückt, dass das Konzept so enorm gut funktioniert hat, aber inzwischen - da sehr sehr viele Leute mit dieser Kleidung gut sichtbar für alle herumlaufen, geht das Interesse auch wieder zurück. Die Marken haben ihre Exklusivität verloren, weil man sie überall sieht und es in praktisch jeder größeren Stadt einen "Store" gibt. Zusätzlich sind sie jetzt auch günstiger als am Anfang.
Ehrlich gesagt ist mir das wohlergehen dieser Modemarken völlig auch egal. Ich finde es schlimm, dass Menschen so viel Geld in so furchtbar produzierte Ware investieren und generell so viel konsumieren, aber sein wir ehrlich, was Nachhaltigkeit und Soziales angeht gibt es zwischen diesen Reichen-Labels und dem Angebot von Primark, C&A, H&M und Konsorten eben keinen Unterschied.
Zu diesem Zeitpunkt, wo diese Marken (A&F, Hollister) jetzt aber ihren Zenit überschritten haben, könnte die Zeit für faire Mode gekommen sein. Die Vorraussetzungen stehen denkbar gut.
Kurzum - es geht darum, den Erfolg von Ben & Jerrys Eiscreme ,weitgehend nachhaltig produziertem (Schokoladen)eis, auf die Modeindustrie umzumünzen.
Fairtrade Kleidung hat auch schon lange das "Jutesack-Image" verloren und was modisches Aussehen angeht, wird man Fairtrade Kleidung von den aktuellen Modetrends nicht unterscheiden können. Viele Punkte, die den Erfolg von A&F und Hollister künstlich herbeigeführt haben, sind bei Fairtrade Kleidung von vorneherein gegeben.
Fair Trade Kleidung ist eben teurer als konventionelle Kleidung und dieses höhere Preislevel ist beständig, da durch Rationalisierung in Produktion und Lieferketten die Einsparpotenziale nicht so hoch sind wie bei konventioneller Kleidung. Auch durch die Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit, Ökologie und Fairem Handel wird das Preislevel dauerhaft über dem der billig Marken liegen.
Tatsächlich sind die Preise aber auch nicht unerschwinglich hoch. 30 € für ein modisches T-Shirt, 60 - 100 € für Pullover und Jacken. Das sind bestimmt keine Schnäppchen, aber angemessene Preise und hoch genug, dass sie einem modebewussten Klientel erstrebenswert erscheint um sich von der Masse abzuheben.
Die Knappheit ist sogar deutlich ausgeprägter als bei konventionellen Labels, da selbst im Erfolgsfall die Kapazitäten nicht beliebig erhöht werden können. Bio-Baumwolle und Fabriken mit fairen Bedingungen lassen sich nicht in kürzester Zeit aus dem nichts schaffen. Das Angebot ist derzeit begrenzt und auch die Verkaufsflächen sind äußerst begrenzt.
Vertreter solch modischer Fairtrade Kleidung, die wirklich hält, was sie verspricht, sind zum Beispiel die Concept Stores von Glore in Hamburg (passenderweise im Schanzenviertel) und Native Souls in Essen und Bochum. Beide inzwischen zwar mit Online Shops, aber es ist eben verhältnismäßig schwierig, an diese Kleidungsstücke heranzukommen, was sie wiederum attraktiv für potenzielle Käufer macht.
Zusätzlich zeigt der Käufer mit dem offenen Tragen von fairen Kleidungsstücken, dass er sich Gedanken darum macht, was er trägt und sich damit von der Masse abhebt. Ein echtes Modestatement also.
Den letzten Punkt auf meiner Liste, nämlich die Ausstrahlung durch große Logos und Schriftzüge - sozusagen der Litfasssäulen-Effekt für den Träger, haben zwei Marken gezielt aufgegriffen (Beispiel). Diese zeichnen sich beide durch echte Nachhaltigkeit in der Produktion aus und dass sie Selbstvermarktung durch die obigen Punkte begriffen haben. Armed Angels und Knowledge Cotton Apparel. Beide gibt es auch in den oben genannten Läden.
Ihr könnt dafür auch was tun. Werdet Litfaßsäulen für die gute Sache!
Aber ist das nicht irgendwie eklig, Hipster anzusprechen um Erfolg zu haben?
Nun mal ganz selbstkritisch - die Überschneidungen von Hipstern und Lohas sind wahrscheinlich fließend. Worum es letztlich geht ist Bewusstsein in der breiten Gesellschaft für das Thema zu schaffen. Etwas, das ZDFzeit mit ihrer Sendung ganz sicher nicht geschafft haben. Idealerweise wird darüber Druck auf den Rest der Kleidungsindustrie ausgeübt, Ideale umzusetzen, die die fairen Marken jetzt schon vertreten. Dann hätten letztlich alle gewonnen.
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