Ich habe eben folgendes Schreiben, mit einem Aufruf Edward Snowden Asyl zu
gewähren, an meinen Bundestagsabgeordneten der SPD geschickt und kann euch nur
ermutigen, eurem ebenfalls eines zu schicken. Der Großteil der Bevölkerung mag
mit Desinteresse und Apathie auf die Enthüllungen über das Ausmaß staatlicher
Überwachungsprogramme reagieren. Umso wichtiger ist es, dass man seiner Stimme
Gehör verleiht. Immerhin sollen diese Personen im Bundestag unsere Interessen
vertreten. Ihr dürft den kompletten Text oder Teile davon gerne verwenden und
weiter teilen.
Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter,
seit Monaten erscheinen Enthüllungsberichte über das Ausmaß der staatlichen
Überwachungsprogramme, die scheinbar vor allem von den USA ausgehen und dort
besonders von der NSA. Auch andere Staaten, wie beispielsweise Großbritannien
hören in unerhörtem Maßstab die weltweite Kommunikation ab und viele Meldungen
deuten darauf hin, dass auch der deutsche Bundesnachrichtendienst an der
Ausführung und Durchführung dieser totalen Überwachungsinfrastruktur teilnahm.
Mit der Frage zur Gewährung von Asyl beziehungsweise eines Aufenthaltsrechts
für den amerikanischen Whistleblower Edward Snowden, der offensichtlich bereit
ist im Gegenzug der deutschen Politik und Öffentlichkeit bei der Aufklärung
dieser unerträglichen Vorgänges zu helfen, ist der deutsche Bundestag nun in
einer Schlüsselposition. Nichts weniger als die vom Grundgesetz geschützte
Freiheit jedes Bürgers steht jetzt auf dem Spiel und Sie als den
Bundestagsabgeordneten meines Wahlkreises fordere ich hiermit auf, jeden
möglichen Schritt zur Aufklärung der Sachverhalte in Abstimmungen und
Ausschüssen zu unterstützen und vor Allem den Antrag der Linkspartei zu
unterstützen, einen Bundestagsbeschluss herbeizuführen um Edward Snowden in
unserem Land einen dauerhaften Schutz und eine dauerhafte
Aufenthaltsgenehmigung zu gewähren. Als gewählter Volksvertreter vertreten sie mich und meine Mitbürger. Auf meine Gründe von Ihnen dies zu fordern, werde ich im Folgenden
eingehen.
Warum ich Ihnen schreibe: Edward Snowden ist nichts weniger als ein
amerikanischer Held. Für uns Alle sollte er ein Vorbild für Mut,
Entschlossenheit und Freiheitsdrang sein. Er gab ein gutsituiertes Leben in
seinem Heimatland mit Freunden und Famile auf um uns Alle auf die Gefahr für
unsere persönlichen Freiheiten hinzuweisen, die durch völlig außerhalb jeder
demokratischen Kontrolle operierende Geheimdienste auf der ganzen Welt erwachsen.
Viele (auch aus dem Umfeld der Geheimdienste) wiesen schon in Büchern oder
Interviews auf das Ausmaß staatlicher Kontrolle hin. Diese Personen wurden
oftmals verunglimpft, deren Aussagen allerdings nie ernst genommen. Erst durch
die die nachweisbaren Unterlagen aus dem Fundus von Herrn Snowden haben wir
Gewissheit und eine gesamtgesellschaftliche Diskussion. Aus diesen Unterlagen
wissen wir, dass wir bereits in einer Dystopie leben, in der die totale
Überwachung und Speicherung nahezu jeder Kommunikation, Bestandteil unserer veränderten
Realität geworden ist. In dieser, vor wenigen Jahren noch unvorstellbarer
Realität, ist niemand vor Ausspähung durch diese Organisationen geschützt. Das
musste die brasilianische Präsidentin am eigenen Leibe erfahren, das erfuhr
aber nicht zuletzt auch unsere Kanzlerin, Frau Dr. Merkel selbst. Wenn diese
Geheimdienste nicht einmal davor halt machen, hohe Staatsangehörige
auszuspionieren (neben den beiden oben genannten mindestens noch 33 weitere).
Wenn nicht einmal die mächtigsten Repräsentanten der größten Industrienationen
kommunizieren können ohne auf kriminelle Art und Weise belauscht zu werden. Wie
kann es dann Sicherheit für uns Bürger geben? Was unterscheidet dann noch
unsere Demokratie von einer totalitären Regierungsform wenn der Staat auf all
unsere Kommunikation zugreifen kann? Vor wem müssen wir Bürger geschützt
werden? Vor Terroristen, oder von denen, die vorgeben diese zu bekämpfen und
gleichzeitig unsere Freiheit und Privatsphäre abschaffen? Das Mittelmaß
scheint es nicht mehr zu geben.
Edward Snowden ist nichts Geringeres als ein Held. In der Retrospektive scheint
es keine andere Möglichkeit gegeben zu haben, die Weltbevölkerung auf diese
unheilige Allianz der "Terrorbekämpfer" aufmerksam zu machen. Frau
Merkels Kommentar, Edward Snowden hätte sich ja an einen Abgeordneten wenden
können ist nicht nur unzutreffend sondern für eine Frau, die in einem
totalitären Staat aufwuchs in geradezu abstoßender Art und Weise zynisch. Um
den Unsinn dieser Aussage zu begreifen, muss man nur die jüngeren und früheren
Vorgänge im Senat der Vereinigten Staaten betrachten.
Nein, seine Vorgehensweise ist beispielhaft und die Zurückhaltung mit
Informationen, die Geheimdiensten in Ihrer berechtigten Abwehr von Angriffen
auf Bürger und Allgemeinwohl schaden könnten zeigt einmal mehr seine moralische
Integrität. Im Spiegel (Ausgabe 45 2013) fordern 51 Prominente auf, das zu tun,
was ich hiermit nochmals verlange: Ermöglichen Sie einen freien, unbeschränkten
Aufenthalt für Edward Snowden in Deutschland.
Denn zunächst brauchen wir seine Hilfe um überhaupt das Ausmaß der
Grundrechtsverletzungen festzustellen, die tagtäglich stattfinden. Unsere
Regierungsorgane scheinen allesamt nicht willig oder unfähig, diesen
schmerzhaften Prozess durchzuführen. Wir müssen auch endlich darüber informiert
werden, inwieweit deutsche Behörden mit eingebunden waren. Die
"Chefaufklärer“, Pofalla und Friedrich hatten sich schon früh
disqualifiziert, als sie wider besseren Wissens die Affäre für beendet erklärt
hatten und alle Vorwürfe als ausgeräumt sahen. Scheinbar haben sie in der Frage
der Abwägung zwischen scheinbarer Sicherheit und Freiheit die Entscheidung
schon vor langer Zeit gefällt.
Nun fordern diese und weitere Personen aus der CDU / CSU in dreister Manier
sogar weitere Überwachungsmaßnahmen und ähnliche Befugnisse für BND und
Verfassungsschutz, wie sie bereits die NSA und der britische GCHQ haben (siehe u.a. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Union-will-Gesetz-fuer-mehr-Datensicherheit-2034415.html und http://www.heise.de/newsticker/meldung/CDU-und-CSU-wollen-Internet-im-NSA-Stil-ueberwachen-2038476.html). All
dies inmitten der Enthüllungsberichte über die Ausspähtätigkeiten der
Geheimdienst. Man muss schon sehr gutwillig oder naiv sein, um ihnen zugute zu
halten, dass Sie den Ausführungen der Amerikaner völlig Glauben geschenkt haben
könnten. Personen wie der Geheimdienstkoordinator Clapper, der scheinbar eine
Hauptquelle war, logen bewiesenermaßen sogar den US-amerikanischen Senat in
Anhörungen an. Clapper selbst musste dies später einräumen in einem Statement,
dass in jedem Betrieb zur sofortigen Entlassung und Anzeige geführt hätte. Er
sagte, der Lügen überführt, er habe die "am wenigsten falsche Aussage
gewählt". Wie viele "am wenigsten falsche Aussagen" haben wir
denn von den deutschen Politikern diesbezüglich gehört oder mit wie vielen haben
diese sich abspeisen lassen?
Niemand weiß, wo genau die erhobenen Daten landen und was mit diesen
passiert. Werden diese Daten nur zum Kampf gegen Terrorismus benutzt? Auch das
ist gelogen, wie man spätestens seit dem Abhören des Telefons von Frau Merkel
weiß. Auch die hohe moralische Integrität der amerikanischen
Geheimdienstmitarbeiter, die mehrfach beschrieben wurde, ist zweifelhaft. Man
weiß, dass diese Daten unter anderem in vielen Fällen benutzt wurden um die
Lebenspartner der Geheimdienstmitarbeit zu überwachen. (siehe u.a. http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/geheimdienst-nsa-nsa-mitarbeiter-spionierten-geliebte-aus-a-918408.html)
Was also passiert mit unseren tatsächlich mit dunkelsten Hackermethoden
gestohlenen Daten (wie die derzeitigen Enthüllungen um das belauschen der Firma
Google zeigt – siehe ua. http://www.theguardian.com/technology/2013/nov/06/google-nsa-gchq-spying-judicial-process)?
Aufklärung könnten nur wenige schaffen und abgesehen von Herrn Snowden
scheinen diese an echter Aufklärung nicht interessiert.
Nun werden dann ausgerechnet noch die Chefs der deutschen Spionagebehörden
in die USA geschickt. Als ob nicht klar wäre, dass diese Teil des Problems und
keinesfalls der Lösung sind. Welche hohlen Phrasen und Beschwichtigungen
erwartet man sich denn diesmal? Will man die Affäre nun noch einmal für beendet
erklären?
Nein! Die deutschen Bürger dürfen nicht für dumm verkauft werden. Auch wenn
ein Anecken bei unserem Bündnispartner und guten Freund, den Vereinigten
Staaten schmerzhaft ist, so dürfen wir diese Folgen nicht fürchten sondern
müssen unsere Position klar und unmissverständlich machen. Ein erster,
konsequenter und selbstbewusster Schritt ist die Gewährung von einem
Aufenthaltsrecht für Herrn Snowden, den wir sonst dazu verdammen in einem Staat
zu leben, der auf der Schwelle zwischen Demokratie und Diktatur steht und diese
Schwelle an vielen Stellen schon überschritten hat. Er hat sich an uns
hilfesuchend gewandt und nach seiner Hilfe mit der Aufdeckung der
internationalen Überwachung sind wir ihm dies mindestens schuldig.
Es wäre auch nicht uneigennützig. Denn wenn wir in dieser Frage keine
Stärke gegenüber den USA zeigen, dann demonstrieren wir, dass wir auch
zukünftig in solcherlei Fragen keine Verhandlungsposition der Stärke einnehmen
können. Wir reagieren wie ein Kind, das auf dem Schulhof verprügelt wird und
die Schläger noch bittet, in Zukunft vielleicht wenigstens das Pausenbrot nicht
in den Schlamm zu werfen.
Das ein Asyl oder ein Aufenthaltsrecht in Deutschland auch juristisch kein Problem darstellt, zeigte der Spiegel ausführlich in seiner Titelgeschichte in Ausgabe 45/2013. Ich fasse es zusammen. Alle dahingehenden Bedenken kann man zerstreuen, es ist problemlos möglich und bedarf noch nicht einmal juristischer Kniffe. Gegenlautende Argumente, wie beispielsweise, dass Herr Snowden ja gar nicht politisch verfolgt wird, sind u.a. durch EU Recht leicht zu entkräften.
Ja, es braucht Mut und Ausdauer zu dieser Entscheidung, aber dieser wird sich für uns langfristig lohnen.
Das ein Asyl oder ein Aufenthaltsrecht in Deutschland auch juristisch kein Problem darstellt, zeigte der Spiegel ausführlich in seiner Titelgeschichte in Ausgabe 45/2013. Ich fasse es zusammen. Alle dahingehenden Bedenken kann man zerstreuen, es ist problemlos möglich und bedarf noch nicht einmal juristischer Kniffe. Gegenlautende Argumente, wie beispielsweise, dass Herr Snowden ja gar nicht politisch verfolgt wird, sind u.a. durch EU Recht leicht zu entkräften.
Ja, es braucht Mut und Ausdauer zu dieser Entscheidung, aber dieser wird sich für uns langfristig lohnen.
Selbstverständlich brauchen wir Geheimdienste. Doch welche Attentate wurden
durch diese verhindert? Was half dabei der rücksichtslose Verzicht auf jegliche
Form von Privatsphäre von unbescholtenen Bürgern? Es gab ominöse, ständig
wechselnde Zahlen. Und diese müssen auf jeden Fall angezweifelt werden. Daten
werden dazu keine herausgegeben, von denen sich die Öffentlichkeit tatsächlich ein
Bild machen könnte, wofür sie die Einschränkung ihrer Rechte in Kauf nimmt.
Aus der Aufarbeitung der Anschläge am 11. September wissen wir, dass das
Versagen von Geheimdiensten auf vielen Ebenen war, das den Terror letztendlich
nicht verhinderte. Trotz zahlreicher Hinweise aus der Bevölkerung und einiger
Spuren. Die NSU letztendlich konnte trotz damals scheinbar schon verfügbarer
totaler Kommunikationsüberwachung mordend durch ganz Deutschland ziehen. Auch
hier gab es wieder zahlreiche Hinweise. Die Befugnisse der Geheimdienste hätten
in beiden Fällen also völlig ausgereicht. Das Versagen wird man im Nachhinein
nicht durch weitere Befugnisse ausbessern können.
Terror wird es bedauerlicherweise immer geben, aber unsere Freiheit
scheinen wir schon fast verspielt zu haben. Ja, wir stehen in diesen Tagen durchaus
an einem Scheideweg. Wir müssen Einfluss auf unsere Geheimdienste und
internationalen Partner nehmen und die bereits getanen Schritte zum
Überwachungsstaat zurück nehmen.
Wir stehen am Scheideweg zwischen totaler Überwachung und Freiheit. Frei
nach Konrad Adenauer sage ich: "Wir wählen die Freiheit" und fordere
Sie dazu auf: Tun Sie es auch und Unterstützen Sie unseren Verbündeten Edward
Snowden dabei.
Mit freundlichen Grüßen,
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen